Um Schadenersatzansprüche geltend machen zu können, muss der Kläger nachweisen, dass die Voraussetzungen nach Art. 41 OR erfüllt sind. Das heisst dem Kläger muss ein Schaden entstanden sein, der durch ein widerrechtliches und schuldhaftes Verhalten des Schädigers verursacht wurde.
Die Widerrechtlichkeit ist in der Regel leicht nachzuweisen, da jegliche Werknutzung (Art. 10 URG) ohne Einwilligung des Urhebers oder ohne gesetzliche Erlaubnis gegen das ausschliessliche Recht des Urhebers verstösst und damit widerrechtlich ist.
Ein schuldhaftes Verhalten liegt sowohl bei Fahrlässigkeit als auch bei Vorsatz vor.
Unter Vorsatz fällt auch der sogenannte Eventualvorsatz: wer annimmt, dass er möglicherweise widerrechtlich handelt und es dennoch tut, handelt eventualvorsätzlich.
Damit ein schuldhaftes Verhalten vorliegt, muss sich die Person, die schuldhaft handelt, bewusst sein oder hätte müsste wissen:
● dass das verwendete Werk urheberrechtlich geschützt ist und
● dass ihr Verhalten eine widerrechtliche Handlung begründet.
Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der schädigenden Person vorgeworfen werden kann, sie hätte nicht das erforderliche Mass an Sorgfalt angewendet, so wie es ein durchschnittlich sorgfältiger Mensch in der gleichen Situation getan hätte. Welches Mass an Sorgfalt hätte angewendet werden müssen, wird je nach Fall beurteilt. Dabei werden auch die Ausbildung oder der Kenntnisstand der Person berücksichtigt, die widerrechtlich gehandelt hat: Von einer Person, die sich im Bereich des Urheberrechts auskennt (z. B. ein Verleger oder ein Webmaster), wird ein höheres Mass an Sorgfalt erwartet als von einem «gewöhnlichen» Nutzer.
Nehmen wir beispielsweise an, der Webmaster einer Universität verwendet Bilder, die er im Internet gefunden hat, für die Website seines Arbeitgebers. Er vermutet zwar, dass die Bilder urheberrechtlich geschützt sind, verwendet sie aber trotzdem. Aufgrund seines Berufs und seiner Ausbildung zum Webmaster darf man annehmen, dass er für urheberrechtliche Belange sensibilisiert ist. Somit handelt der Webmaster fahrlässig, wenn er die Bilder verwendet, ohne zu klären, ob sie urheberrechtlich geschützt sind.
Die Bezifferung des Schadens obliegt dem Kläger. Er muss im Wesentlichen ermitteln, in welchem Mass aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens seine Aktiven vermindert oder seine Passiven erhöht wurden. Der Rechteinhaber könnte beispielsweise Schadenersatz fordern für entgangenen Gewinn aus Lizenzgebühren, die er aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens nicht erheben konnte oder Ersatz für die entstandenen Kosten (z.B. Anwalts- oder Gerichtskosten), die er aufwenden musste zur Wahrung seiner Interessen.
Unter Kausalzusammenhang ist der Zusammenhang zwischen der rechtswidrigen schädigenden Handlung und dem geltend gemachten Schaden zu verstehen. Die geschädigte Person muss den Kausalzusammenhang nach dem Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erbringen. Ein Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn der Schaden ohne das widerrechtliche Verhalten, nicht entstanden wäre. Man spricht in diesem Zusammenhang von «natürlicher Kausalität» und ist eine Frage von Tatsachen. Die Haftbarkeit ist allerdings nur gegeben, wenn feststeht, dass das beanstandete Verhalten nach dem ordentlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, den entstandenen Schaden herbeizuführen. Das heisst, es dürfen keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen, die den Ausgang der Handlung bestimmt haben. Man spricht in diesem Zusammenhang von «adäquater Kausalität», hier handelt es sich um eine Rechtsfrage.
Eine Haftbarkeit ist folglich nur dann gegeben, wenn die natürliche Kausalität auch adäquat ist.
ZU BEACHTEN
Verwendet ein Nutzer ein Werk im guten Glauben, es sei nicht urheberrechtlich geschützt, dann ist fraglich, ob er sich schadensersatzpflichtig machen kann. Liegt z.B. ein Hinweis auf ein bestehendes Urheberrecht oder auf einen behaupteten Anspruch aus einem vermeintlichen Urheberrecht vor, reicht dies zwar nicht aus, um den Schutz eines Werks zu begründen (der Schutz hängt ausschliesslich von den gesetzlichen Voraussetzungen gemäss Art. 2 URG ab). Allerdings wird mit einem solchen Hinweis oder behaupteten Ansprüchen der etwaige gute Glaube des Nutzers in Abrede gestellt. Die so behaupteten Urheberrechte sollten Zweifel beim Nutzer aufkommen lassen, der folglich abklären muss, ob er zur Verwendung des fraglichen Werks berechtigt ist. Das gebietet die hier erforderliche Sorgfalt. Handelt die Person nichtsdestotrotz ohne Einwilligung und fällt ihr Handeln nicht unter eine der gesetzlichen Ausnahmen von den ausschliesslichen Rechten des Urhebers, droht ihr eine Klage. Denn in dem Fall lässt diese Person die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ausser Acht und handelt fahrlässig oder womöglich sogar mit Eventualvorsatz, wenn sie sich möglicherweise sogar bewusst ist, widerrechtlich zu handeln und es trotzdem tut.
Den Umfang des Schadenersatzes im Falle einer Klage auf Schadenersatz legt der Richter fest. Dabei beachtet er sowohl die Grösse des eingetretenen Schadens als auch Umstände, die dem Geschädigten eine Mitverantwortung geben. So wird der Schadenersatz herabgesetzt im Falle eines geringen Schadens (Art. 43 Abs. 1 OR) oder auch, wenn der Urheber beispielsweise in die schädigende Handlung eingewilligt hat (Art. 44 Abs. 1 OR).
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