3.4.4.1 Urheberrechte im Arbeitsverhältnis

In Arbeitsverhältnissen entsteht oft ein schöpferisches Werk durch Arbeitnehmer, die es im Rahmen ihrer Tätigkeit erschaffen. In vielen Fällen werden Arbeitnehmer von Arbeitgebern sogar gerade mit der Intention eingestellt, schöpferische Werke herzustellen. (z.B. eine Grafikerin, die für Unternehmen, Werbebroschüren herstellen soll.)

Urheber oder Urheberin ist die Person, die das Werk geschaffen hat (Art.6 URG) – also hier die Arbeitnehmenden. Aber auch Arbeitgeber wollen von den schöpferischen Werken profitieren; gerade dann, wenn Arbeitnehmende deshalb eingestellt worden sind. Daher lassen sich Arbeitgeber die Urheberrechte ihrer Arbeitnehmer häufig übertragen. Denn die Urheber können ihre Urheberrechte auf Dritte – hier auf die Arbeitgeber – übertragen. Die Urheberpersönlichkeitsrechte allerdings sind davon ausgeschlossen.

Übertragen Arbeitnehmende ihre Rechte, besitzen sie nicht mehr das alleinige Urheberrecht ihres im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschaffenen Werkes. Somit können sie das Werk nicht mehr frei verwenden, ohne die vorherige Bewilligung des Arbeitgebers einzuholen. Das gilt auch für Dritte, die das Werk nutzen wollen – sie müssen sich dann nicht nur die entsprechende Zustimmung der Arbeitnehmenden einholen sondern auch die Zustimmung deren Arbeitgeber.

GUT ZU WISSEN

Urheberrecht und Weisungsrecht von Arbeitgebern

Nicht immer sind Arbeitnehmende auch Urheber, wenn sie ein Werk auf Anforderung von Arbeitgebern schaffen. Machen Arbeitgeber von ihrem Weisungsrecht (Art.321 d Abs. 1 OR) Gebrauch, indem sie Arbeitnehmenden konkrete Anweisungen für die Erstellung eines Werks vorgeben, werden Arbeitnehmende in der Regel keine Urheber des Werks. Ein Werk im Sinne des Urheberrechts liegt nur vor, wenn ein Mensch eigens schöpferisch und kreativ tätig wird. Bei reiner Ausführung von Anweisungen ist das gerade nicht der Fall. Die Arbeitnehmenden sind lediglich ausführende Personen (Bsp. ein Konditor legt seiner Mitarbeiterin ein Muster einer Hochzeitstorte vor, die die Mitarbeiterin nachbacken soll).

Haben hingegen Arbeitnehmende ein eigenes schöpferisches Werk erschaffen, so kann ein Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin nicht ohne Weiteres eine Änderung des Werks auf der Grundlage des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts verlangen. Das Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk geändert werden darf (Art.11 Abs. 1 lit. a URG) gehört zu den Urheberpersönlichkeitsrechten des originären Urhebers. Handelt es sich allerdings um – im Einzelfall zu bestimmende – zumutbare und geringfügige Änderungen, die ein Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin verlangt , dann muss der Arbeitnehmende dies akzeptieren. Es sei denn, das Änderungsverlangen verletzt das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmenden (Barrelet/Egloff,Das neue Urheberrecht, 3. Aufl., 2008, Art. 11 N. 7 mit Verweis auf die Pflicht des Arbeitgebers zum Schutz der Persönlichkeit seiner Arbeitnehmenden, Art. 328 OR).

Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Sind Arbeitnehmende in einem Bereich tätig, in denen regelmässig schöpferische Werke entstehen (z.B. im Pressebereich, im Rechtswesen, im Kunstbereich) können entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag getroffen werden. Jedoch wird nicht immer klar oder ev. gar nicht schriftlich geregelt, ob Urheberrechte überhaupt übertragen und/oder in welchem Umfang sie übertragen werden sollen. Arbeitnehmer können z.B. auch nur Lizenzen oder nur beschränkte Urheberrechte einräumen.

Wenn gar keine oder unklare Regelungen im Arbeitsvertrag getroffen worden sind, dann kommt es auf den Zweck des Arbeitsvertrags an: Der Arbeitsvertrag schliesst die Übertragung der Urheberrechte auf den Arbeitgeber stillschweigend dann mit ein, wenn die im Arbeitsvertrag geregelte Aufgabe der Arbeitnehmenden gerade darin liegen soll, ein oder mehrere Werke für den Arbeitgeber zu schaffen. Die Übertragung betrifft dann die Rechte, die für den Zweck des Vertrags notwendig sind.

Es gibt nur einen Bereich, in dem das Urhebergesetz selber ausdrücklich regelt, dass die Rechte an einem Werk auf den Arbeitgeber übergehen – im Fall, dass Arbeitnehmende in einem Arbeitsverhältnis bei Ausübung dienstlicher Tätigkeiten sowie in Erfüllung vertraglicher Pflichten ein Computerprogramm schaffen (Art.17 URG).

FAQ

3.4.4.1-2 Eine Rechtsanwaltskanzlei stellt einen Mitarbeiter ein, der deren Internet-Seite mit Beiträgen aus der Rechtsprechung versorgen soll. Hat die Kanzlei Urheberrechte an den Beiträgen, wenn im Arbeitsvertrag keine Regelung dazu getroffen wurde?

Ja und nein. Eine Vereinbarung zur Übertragung der Urheberrechte muss nicht ausdrücklich und schriftlich getroffen werden. Hier kommt es darauf an, zu welchem Zweck die Einstellung des Mitarbeiters erfolgte – hier in der Erstellung der Internet-Beiträge; die Übertragung der Urheberrechte auf die Kanzlei für die Nutzung der Beiträge auf der Internet-Seite dieser Kanzlei ist damit stillschweigend im Arbeitsvertrag geregelt worden. Aber die Rechte für die anderen Nutzungen bleiben bei dem Mitarbeiter.

3.4.4.1-3 Darf eine Vorgesetzte den Titel eines Artikels, den ein Mitarbeiter im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit verfasst hat, nach ihren Wünschen ändern?

Grundsätzlich nein – das Änderungsrecht (Recht auf Werkintegrität) nach Art. 11 Abs. 1 lit. a URG steht dem originären Urheber (also dem Mitarbeiter) allein zu. Es kommt darauf an, ob es sich um eine geringfügige und zumutbare Änderung handelt (z.B. der Vorgesetzte korrigiert nur die Rechtschreibung) – ersetzt der Vorgesetzte aber einfach den Titel des Artikels mit einem von ihm erstellen Titel. Dann kann diese Handlung schon als Eingriff in das (Urheber-)Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters angesehen werden und ist daher nicht mehr zumutbar.