5a.8 Verwendung durch Menschen mit Behinderungen

 

Ein Werk darf ohne die Zustimmung des Urheber/der Urheberin in einer Form vervielfältigt werden, die für Menschen mit Behinderungen zugänglichen ist, soweit diese das Werk in seiner bereits veröffentlichten Form nicht oder nur unter erschwerenden Bedingungen sinnlich wahrnehmen können (Art. 24c URG).

Vorab sei angemerkt, dass nur ein Werk, welches bereits erstmals mit dem Einverständnis des Urhebers oder der Urheberin und auf die von ihm/ihr gewünschte Weise veröffentlicht wurde (Art. 9 Abs. 3 URG), unter diese Ausnahmeregelung fällt.

Der Begriff Menschen mit Behinderungen ist in Art. 2 Abs. 1 BehiG (Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen) definiert: «[…] Mensch mit Behinderungen (Behinderte, Behinderter) [bedeutet] eine Person, der es eine voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung erschwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und weiterzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben.»

Werke, die unter diese Schrankenbestimmung fallen, müssen sinnlich wahrnehmbar sein, aber in ihrer bereits veröffentlichten Form für behinderte Menschen nicht oder nur unter erschwerenden Bedingungen sinnlich wahrnehmbar sein.

Art. 24c URG erlaubt die Anpassung der Form des Werks durch Vervielfältigung in einer behinderten Menschen zugänglichen Weise. Nicht nur Vervielfältigungen des Werks sind zulässig, sondern auch seine Verbreitung, sofern diese nicht zu Gewinnzwecken erfolgt.

Erlaubt sind Anpassungen, wie etwa Untertitelungen, Einfügen spezifischer Sprachen (z. B. Braille-Alphabet), Grossdruck, Tonaufnahmen von Texten etc. Ansonsten sind die Urheberpersönlichkeitsrechte des Urhebers oder der Urheberin zu wahren. Einschliesslich der Pflicht, das Originalwerk zu zitieren.

Die genannten Werkexemplare dürfen nur für den Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen und ohne Gewinnzweck hergestellt und in Verkehr gebracht werden. Sie dürfen nur Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht werden. Ihre Verbreitung ist somit zu kontrollieren und der Personenkreis entsprechend zu beschränken. Die betreffenden Werke dürfen unter dieser Ausnahmeregelung keinem breiteren Publikum zur Verfügung gestellt werden.

Zudem darf ihre Verbreitung keinen Gewinn abwerfen, sondern ausschliesslich die Kosten decken. Wenn mit derart angepassten Werken mit Gewinn gehandelt werden soll, ist das Einverständnis des Urhebers oder der Urheberin einzuholen.

Der Urheber oder die Urheberin hat Anspruch auf Vergütung für die Vervielfältigung und Verbreitung der betreffenden Werke, diese können aber nur von der zuständigen Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden (Art. 24 c Abs. 4 URG). Sofern es sich nur um die Herstellung einzelner Werkexemplare handelt, fallen für die Nutzung keine Gebühren an (Art. 24 c Abs. 3 URG).

 

Am 1. April 2020 wird das revidierte schweizer Urheberrechtsgesetz (URG) in Kraft treten und einige Änderungen mit sich bringen. Wir werden bemüht sein diese Seite so bald wie möglich zu aktualisieren.

 

FAQ

5.8-1 Ist es erlaubt einem Musikvideo Untertitel hinzuzufügen und dieses auf Youtube hochzuladen, um das Werk für taube oder hörgeschädigte Menschen wahrnehmbar zu machen?

Nein, dies von Art. 24c URG nicht erfasst. Werke dürfen in eine Form gebracht werden, welche für Menschen mit Behinderungen wahrnehmbar ist. Diese Werke dürfen aber nur ohne Gewinnzweck im Handel angeboten werden und ausschliesslich zum Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen. Wird das Werk auf Youtube hochgeladen, haben alle Menschen zugang zu dem Werk. Dies ist nach Art. 24c URG nicht erlaubt.

5.8-3 Darf ich Bücher in Braille-Schrift transferieren, ohne die Einwilligung der Urheberrechtsinhaberin und diese verkaufen?

Im Rahmen von Art. 24c URG ist erlaubt Bücher in Braille-Schrift herzustellen und zu verbreiten, um diese Werke sehbehinderten oder blinden Menschen wahrnehmbar zu machen. Die Verbreitung darf aber keinen Gewinn erzielen, die Einnahmen dürfen nur die Ausgaben decken und nur an sehbehinderte oder blinde Menschen erfolgen. Weiter darf das Werk nicht bereits in einer Form erhältlich sein, welche durch sehbehinderte oder blinde Menschen angemessen wahrgenommen werden kann.