5a.1.1 Verwertung über Verwertungsgesellschaften

Der Urheber soll, idealtypisch, durch die Schaffung seines Werkes, einen Verdienst erhalten. Wenn also ein Dritter sein Werk nutzt, soll er dafür eine Vergütung an den Urheber leisten. Doch in der Realität kann ein Urheber oder eine Urheberin aufgrund der Massennutzung von Werken (z.B. Kopieren, Downloaden, etc.) die Vergütung nicht jedes Mal selber einfordern, sondern dies wird mittels der sog. kollektiven Verwertung durch die Verwertungsgesellschaften gemacht (Beispielsweise Art. 20 Abs. 4 URG). Die Verwertungsgesellschaften übernehmen stellvertretend für die Urheber, welche das möchten, die Verwertung ihrer Werke und fordern für diese die Vergütung ein.

GUT ZU WISSEN

Verwertungsgesellschaften (VG) – kollektive Verwertung -gemeinsame Tarife

Die VG sind Zusammenschlüsse von Inhabern von originären und derivativen Urheberrechten (Urheber, Verleger und Leistungsschutzberechtigte, etc.), welche die individuellen Verwertungsrechte für die ihnen angeschlossenen Urheber und Rechteinhaber wahrnehmen. Dazu schliessen die VG mit diesen sog. Wahrnehmungsverträge (dazu ein Beispiel) ab, mit welchen die Urheber oder Rechteinhaber bestimmte Rechte zur Geltendmachung gegenüber einem Dritten auf die VG übertragen. Die VG schliessen auf der anderen Seite Nutzungsverträge mit den Werknutzern, welche die Nutzungsart und die entsprechende Vergütung regeln.

Wo aufgrund der grossen Menge von Nutzungen eine individuelle Verwertung durch den Rechteinhaber nicht möglich ist und der Urheber gemäss den gesetzlichen Lizenzen eine individuelle Verwertung auch gar nicht vornehmen darf, ist eine kollektive Verwertung durch die VG vorgesehen. Hier schliessen Urheber und Rechteinhaber keine Wahrnehmungsverträge mit den VG ab. Die Wahrnehmung der Rechte ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Dazu verhandeln die VG nicht mit einzelnen Nutzern einzelne Nutzerverträge aus, sondern mit Nutzerverbänden kollektive Regelungen, sog. Tarife (Art. 46 URG). Die Tarife müssen dabei nach festen Regeln und nach dem Gebot der Gleichbehandlung festgesetzt sein (Art. 45 Abs. 2 URG). Die Tarife regeln, ähnlich wie die Nutzerverträge, die Höhe der Vergütung und den Umfang der erlaubten Nutzung. Sind durch bestimmte Nutzungen mehrere VG betroffen, müssen diese für die gleiche Werkverwendung sog. “Gemeinsame Tarife (GT)” aufstellen und eine gemeinsame Zahlstelle bezeichnen (Art. 47 URG). Die Verwertungsgesellschaften müssen das eingenommene Geld gemäss einem Verteilreglement an ihre Mitglieder verteilen, und dabei den Ertrag der einzelnen Werke und Darbietungen (Art. 49 URG) betrachten.

In der Schweiz existieren fünf Verwertungsgesellschaften, ProLitteris für die Verwertung von Text und Bildwerken, SUISA für die Verwertung von musikalischen Werken (ohne theatralische Werke), SUISSIMAGE für Filmwerke, Société Suisse des Auteurs (SSA) für die Verwertung von Bühnen- und audiovisuellen Werke und die SWISSPERFORM für die Verwertung der Leistungsschutzrechte. Diese VG verwerten u.a. Rechte, welche unter Bundesaufsicht stehen (Art. 40 URG) und brauchen für ihre Tätigkeit eine Bewilligung des Instituts für Geistiges Eigentum (Art. 41ff. URG).

FAQ

5.1.1-1 Was heisst “kollektive Verwertung”?

Eine kollektive Verwertung liegt vor, wenn nicht der einzelne Urheber oder Rechteinhaber sein Werk individuell verwertet, sondern die Verwertung durch die Verwertungsgesellschaften (VG) kollektiv vorgenommen wird. Einerseits werden kollektiv für alle Urheber und Rechteinhaber deren Rechte wahrgenommen, andererseits für alle entsprechenden Nutzungen, die Vergütungen kollektiv eingezogen. Beispiel für eine kollektive Verwertung ist die Verwertung für Vervielfältigungen im Rahmen des Eigengebrauchs (Art. 19 i.V.m. Art. 20 URG konkretisiert durch Gemeinsame Tarife 8 & 9).