5a.10.4 Nicht beaufsichtigte Tätigkeiten

Die Aufsicht des Bundes über die Verwertungsgesellschaften soll dazu beitragen, dass sie ihre marktbeherrschende Stellung nicht missbrauchen. Diese Aufsicht besteht bei Vergütungsansprüchen auf Basis von gesetzlichen Lizenzen, da diese nur von Verwertungsgesellschaften ausgeübt werden können (Art. 13 Ab. 3, Art. 20 Abs. 4, Art. 24C Abs. 4 und Art. 35 Abs. 3 URG). Daher verfügen letztere hier über eine Monopolstellung. Dies gilt auch, wenn ausschliessliche Rechte einer obligatorischen kollektiven Verwertung unterstehen (Art. 22, Art. 22a-22c und Art. 24B URG). Bei nicht-theatralischen musikalischen Werken übertragen die Rechtsinhaber ihre Aufführungs-, Sendungs- und zur Herstellungsrechte von Tonträgern oder Tonbildträgern aus praktischen Gründen freiwillig an die SUISA. Die SUISA hat somit eine faktische Monopolstellung, sodass sich eine Bundesaufsicht rechtfertigt. Im Gegenzug gibt es keinen Grund für eine Intervention des Staates, wenn die Verwertungsgesellschaften eine Tätigkeit ausübt, die den Gesetzen von Angebot und Nachfrage sowie des Wettbewerbs unterliegt. Dies gilt insbesondere für die Verwertung von Rechten an musikalischen Werken im Internet: In dieser Werkkategorie sind einige ausländische Organisationen tätig, sodass kaum ein Risiko des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bestehen dürfte.

Im Rahmen der Vorarbeiten zur heutigen Fassung des URG am Ende der 1980er-Jahre stellte sich die Frage, ob die Bundesaufsicht nicht unabhängig von den einzelnen Bereichen auf die gesamte Verwertung auszudehnen sei, wie dies etwa in Deutschland oder Österreich der Fall ist. Der Gesetzgeber verzichtete auf diese Ausweitung, um die verschiedenen Formen und Strukturen der indirekten Ausübung von Rechten nicht unnötig zu vereinheitlichen. In seinen Erläuterungen vermerkte der Bundesrat, dass die Verwertungsgesellschaften in bestimmten Bereichen ausschliesslich als Werkmittler zwischen den Urhebern und den Nutzern auftreten, ohne eigene Rechte geltend zu machen. Eine Ausweitung der Aufsicht auf diese Bereiche hätte, so der Bundesrat, einen Einmischung in diejenigen Verträge dargestellt, die von den Urhebern direkt mit den Nutzern ausgehandelt worden waren (BBl. 1989 III 538). Somit erwies sich letztendlich der private Charakter des Urheberrechts als vorrangig. Der Gedanke einer Ausweitung der Bundesaufsicht auf sämtliche Bereiche der Verwertung wurde im Vorentwurf für eine Revision des URG im Jahr 2015 wieder aufgenommen (Art. 41, vgl. https://www.ipi.ch/fr/droit-dauteur/modernisation-du-droit-dauteur-2015.html?type=oskqislpz). Im Eidgenössischen Parlament unterbreiteten Entwurf aus dem Jahr 2017 (https://www.ejpd.admin.ch/content/ejpd/fr/home/aktuell/news/2017/2017-11-221.html) wurde er allerdings wieder verworfen.

Die Verwertungsgesellschaften üben zahlreiche Tätigkeiten aus, die keiner Bundesaufsicht unterstehen, etwa im Bereich der bildenden Künste und der Fotografie. Hier verwertet ProLitteris das Vervielfältigungsrecht (Art. 10 Abs. 2 Bst. a URG) unbeaufsichtigt; ebenso übt die Gesellschaft die Sendungsrechte (Art. 10 Abs. 2 Bst. d URG) und die Rechte zur wahlweisen Zugänglichmachung (Art. 10 Abs. 2 Bst. c in fine URG) von Texten, Werken der bildenden Künste und Fotografien frei aus. Über das Portal onlineart.info verwertet ProLitteris die Rechte zur Zugänglichmachung ihrer eigenen Mitglieder sowie im Rahmen von Verträgen mit Schwestergesellschaften auch die Rechte von ausländischen Rechtsinhabern. Insgesamt sind dies rund 60’000 Urheber von Werken der bildenden Künste. Auch die SSA ist frei in der Verwertung von Rechten zur Sendung, Zugänglichmachung und Vervielfältigung auf Rechnung der Urheber von audiovisuellen und Bühnenwerken. Zudem befasst sich die SSA mit den Bühnenaufführungsrechten in der Schweiz und im Ausland. Auch hier übt der Bund keinerlei Aufsicht aus. Auch Suissimage übt die Rechte zur Ausstrahlung von audiovisuellen Werken im Fernsehen auf dieselbe Weise aus, genau wie die Rechte zur Verwendung von Ausschnitten aus audiovisuellen
Werken bei der Herstellung von Multimediaprodukten «offline» (https://www.suissimage.ch/fileadmin/content/pdf/3_Nutzer_Tarife/offlined.pdf). Die SUISA betätigt sich beispielsweise ohne staatliche Aufsicht in der gesamten Online-Zurverfügungstellung von nicht-theatralischen musikalischen Werken (Art. 40 Abs. 1 Bst. a URG umfasst kein Recht auf Zurverfügungstellung). Rund die Hälfte des weltweiten musikalischen Repertoires wird in der Schweiz somit durch die SUISA verwertet, wenn es darum geht, es on demand über Internet zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen des MINT-Projekts hat die SUISA zusammen mit der US-amerikanischen Verwertungsgesellschaft SESAC verschiedene Unternehmen gegründet, deren Auftrag es ist, die Rechte an musikalischen Werken auf «multiterritorialer» Basis zu verwerten, d. h. gleichzeitig für mehrere unterschiedliche Rechtsordnungen (https://www.suisa.ch/de/suisa/mint/mint-digital-services.html).

Diese keiner Aufsicht unterstellten Tätigkeiten der Verwertungsgesellschaften beruhen ausschliesslich auf zivilrechtlichen Beziehungen: Die Rechtsinhaber beauftragen die schweizerischen Verwertungsgesellschaften entweder direkt oder über ihre ausländischen Verwertungsgesellschaften mit der Verwertung ihrer Rechte. In diesem Zusammenhang sollte man nicht vergessen, dass die Verwertungsorganisationen von Rechtsinhabern gegründet wurden, um ihre Rechte zu wahren. Für Urheber besteht häufig ein gewisses Interesse, ihre Rechte von einer Gesellschaft verwerten zu lassen, deren Auftrag darin besteht, diese Rechte zu wahren, und bei der Urheber über ein Stimmrecht verfügen. Andernfalls treten entsprechende Unternehmen auf den Plan, die Rechte aus rein wirtschaftlichen Gründen erwerben und verwerten.

GUT ZU WISSEN

Die Aufsicht des Bundes

Die Aufsicht des Bundes über die Verwertungsgesellschaften soll dazu beitragen, dass sie ihre marktbeherrschende Stellung nicht missbrauchen. Diese Aufsicht besteht bei Vergütungsansprüchen auf Basis von gesetzlichen Lizenzen, da diese nur von Verwertungsgesellschaften ausgeübt werden können (Art. 13 Ab. 3, Art. 20 Abs. 4, Art. 24C Abs. 4 und Art. 35 Abs. 3 URG). Daher verfügen letztere hier über eine Monopolstellung. Dies gilt auch, wenn ausschliessliche Rechte einer obligatorischen kollektiven Verwertung unterstehen (Art. 22, Art. 22a-22c und Art. 24B URG). Bei nicht-theatralischen musikalischen Werken übertragen die Rechtsinhaber ihre Aufführungs-, Sendungs- und zur Herstellungsrechte von Tonträgern oder Tonbildträgern aus praktischen Gründen freiwillig an die SUISA. Die SUISA hat somit eine faktische Monopolstellung, sodass sich eine Bundesaufsicht rechtfertigt. Im Gegenzug gibt es keinen Grund für eine Intervention des Staates, wenn die Verwertungsgesellschaften eine Tätigkeit ausübt, die den Gesetzen von Angebot und Nachfrage sowie des Wettbewerbs unterliegt. Dies gilt insbesondere für die Verwertung von Rechten an musikalischen Werken im Internet: In dieser Werkkategorie sind einige ausländische Organisationen tätig, sodass kaum ein Risiko des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bestehen dürfte.

FAQ