3.4.2 Verlagsvertrag

Regelungen zum Verlagsvertrag finden sich im Obligationenrecht (Art. 380 ff. OR). Hiernach verpflichten sich zwei Vertragsparteien (Verlaggeber und Verleger) gegenseitig zu bestimmten Leistungen: Der Verlaggeber, d.h. Urheber eines literarischen oder künstlerischen Werkes, verpflichtet sich dazu, das Werk einem Verleger zum Zwecke der Herausgabe zu überlassen. Der Verleger (z.B. ein Verlag) verpflichtet sich dagegen, das Werk zu vervielfältigen und in Vertrieb zu setzen, Art. 380 OR. Hier liegt das Herzstück des Verlagsvertrags – ein Verlag muss die Befugnis zur Vervielfältigung und zum Verbreiten des Werks haben. Hat ein Verlag selbst die Urheberrechte an einem Werk, dann hat der Verlag auch das Recht, dieses zu vervielfältigen und zu verbreiten. Liegen aber die Rechte am Werk bei den Urhebern, insbesondere das Vervielfältigungs- und das Verbreitungsrecht (Art. 10 Abs. 2 lit. a URG und Art. 10 Abs. 2 lit. b URG), dann müssen Urheber den Verlagen die Rechte in irgendeiner Form einräumen: sie können die Rechte auf den Verlag übertragen. Sie können aber auch einfach nur Nutzungen des Werks erlauben (Lizenzen erteilen). Ist im Verlagsvertrag gar keine Regelung über die Übertragung von Urheberrechten oder Einräumung von Nutzungsrechten geregelt, dann werden die Rechte insoweit und so lange auf den Verleger übertragen, als es für die Ausführung des Vertrages erforderlich ist – so die gesetzliche Regelung aus Art. 381 Abs. 1 OR.

Ausnahmen von der Enthaltungspflicht sieht das Obligationenrecht bei Zeitungsartikeln und einzelnen kleineren Aufsätzen in Zeitschriften vor (Art. 382 Abs. 2 OR). Diese Werke können jederzeit anderweitig veröffentlicht werden. Allerdings ist diese gesetzliche Bestimmung nicht zwingend; andere Regelungen sind also möglich. Verlage möchten sich auch diesbezüglich gern die Ausschliesslichkeit bewahren und regeln daher oft in ihren Verlagsverträgen, dass auch Zeitungsartikel oder Aufsätze nicht anderweitig publiziert werden dürfen. Eine eingeschränkte Enthaltungspflicht sieht das Obligationenrecht schlussendlich bei Beiträgen an Sammelwerken oder grösseren Beiträgen an Zeitschriften vor (Art. 382 Abs. 3 OR). In diesem Fall darf der Urheber sein Werk frühestens 3 Monate nach der Veröffentlichung weiterveröffentlichen. Aber auch diese Bestimmung ist nicht zwingend und kann vertraglich anders geregelt werden.

FAQ

3.4.2-2 An welche Pflicht sollte stets bei Abschluss eines Verlagsvertrags gedacht werden und wo kann das gerade im akademischen Bereich problematisch werden?

An die Enthaltungspflicht (Art. 382 Abs. 1 OR) – Solange die Auflagen des Werkes, zu denen der Verleger berechtigt ist, nicht vergriffen sind, darf der Verlaggeber (in der Regel der Urheber) das Werk weder im Ganzen noch einzelne Teile anderweitig veröffentlichen und verbreiten. Problematisch kann das werden, wenn eine Publikation neben der Veröffentlichung durch den Verlag auch noch open access veröffentlicht werden soll. Dazu muss der Verlag dann seine Einwilligung erteilen.

3.4.2-3 Was müssen sich Urheber vor Abschluss eines Verlagsvertrags fragen?

Insbesondere wegen der Enthaltungspflicht müssen sich Urheber vor dem Abschluss eines Verlagsvertrag über folgende Aspekte im Klaren sein:

1. Möchte ich meine Urheberrechte auf den Verlag übertragen und wenn ja, welche und in welchem Umfang?

Bei der Übertragung von Urheberrechten, wird der Verlag Rechteinhaber, weshalb der Urheber im Umfang dieser übertragenen Rechte über diese nicht mehr bestimmen darf (Enthaltungspflicht).

2. Oder möchte ich dem Verlag allenfalls nur Nutzungsrechte an meinem Werk einräumen ?

In dem Fall “vermischen” sich verlagsvertragliche und lizenzvertragliche Aspekte. Der Urheber kann in dem Fall weiter über seine Rechte verfügen. Eine Enthaltungspflicht kann aber auch hier im Vertrag geregelt werden. Der Verlag kann z.B. eine ausschliessliche Lizenz verlangen, so dass nur allein der Verlag die Rechte nutzen darf.